Eigentlich hasse ich das Wort “Projektâ€, deshalb ziehe ich es auch vor, es bestenfalls als “Engagement an Schulen†zu bezeichnen. Bei meinen ersten Auftritten in Amerika war ich dazu verdonnert, sogenannte residencies zu machen, d.h. an Schulen zu gehen und dort ein bisschen die klassische Musik zu vermitteln. Zunächst saß ich auf allzu hohem Rosse und habe es eher widerwillig mitgemacht, doch bereits nach dem zweiten Mal mußte ich feststellen, dass dies nicht nur wichtig ist, und zwar um kurzfristig einfach eine Halle am Abend mit viel mehr jungen Menschen füllen zu können, sondern dass es mir auch Spass macht und mich sehr befriedigt. Sofort bekam meine Managerin den Auftrag, dies auch in Deutschland umsonst anzubieten, wo immer ich auch spielen würde. Da ich nicht gut im Verkaufen bin, konnte ich es damals nicht so gut vermitteln, doch heute versuche ich so oft wie möglich an Schulen zu gehen, und zwar auf weitaus aggressivere Art und Weise; ich überlasse es nicht mehr den armen Managern, sondern gehe diverse Schulräte direkt an – um was genau zu tun?
Sehr inprätentiös und einfach: Ich setze mich vor 30 bis 50 Schüler und spiele zunächst etwas solo Bach. Gefährlich? Die verstünden das nicht? Das Gegenteil ist der Fall: Kinder mögen das meistens mehr als alle Paganinis, Kodalys, Ligetis und was es sonst so an spektakulärer Sololiteratur gibt. Danach erzähl ich etwas über mich, ermutige sie zu Fragen, beantworte bereitwillig alles, spiele dann wieder etwas und durchbreche so langsam das Eis, die Wand, die zwischen der Jugend und der sogenannten Klassik steht.
Ein Junge fragte mich einmal, warum ich das denn machen würde. Ich hatte darüber nie richtig reflektiert, außer das ich das Gefühl hatte, etwas Gutes damit zu tun. Aber warum gut? Um einen Saal zu füllen? Nach kurzem Stutzen merkte ich, wie wichtig die Musik und die Beschäftigung mit einem Instrument für mich als junger Mensch war. Mir fielen Dinge in der Schule plötzlich viel leichter, ich konnte mich besser als meine Mitschüler konzentrieren, wurde selbstbewußter, lernte über die Musik meine Gefühle zu erkennen, kurz: ich hatte mehr von meinem Leben. Es geht mir gar nicht darum, Nachwuchsmusiker zu fördern, sondern ich denke, dass jedes Kind ein Instrument spielen sollte, weil es seiner Entwicklung förderlich ist. Ich habe so viele erfolgreiche Ärzte, Rechtsanwälte, Wissenschaftler und Journalisten kennengelernt, die alle mit großem Enthusiasmus und unterschiedlichster Begabung Instrumente spielen. Ich fühle mich nicht unbedingt intelligenter als andere, aber ich bin jetzt intelligenter als ich es ohne Instrument geworden wäre.